Energiewissen

Gebäudeenergiegesetz: „Flexibilität bei der Integration ist ein Erfolgsfaktor“

Das aktualisierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) bringt ab 2025 neue energetische Anforderungen für Eigentümer von Nichtwohngebäuden (NWG) mit sich. Diese Regelung in §71a des GEG betrifft sowohl öffentliche als auch privatwirtschaftliche NWG-Eigentümer. Das GEG legt dabei erstmals Vorgaben für das Energiemanagement, das digitale Monitoring der Energieverbräuche und die Gebäudeautomation in Nichtwohngebäuden fest. Der Einsatz einer Energiemanagementsoftware kann helfen, die Anforderungen aus dem GEG zu erfüllen. Um mehr darüber zu erfahren, hat unsere Redaktion Steve Pater, Senior Technical Consultant und IT-Projektleiter bei der ITC AG, um seine Einschätzung gebeten.

 

Welche Gebäude ganz konkret betrifft das GEG respektive des § 71a?

Steve Pater: Bis auf wenige Ausnahmen adressiert das GEG zunächst alle energetisch beheizten und/oder gekühlten, überwiegend ganzjährig genutzten Nichtwohngebäude. Die Regelung in § 71a enthält verbindliche Vorgaben für alle NWG mit einer Heizungs-, Klima- oder Lüftungsanlage, deren Leistung mindestens 290 Kilowatt beträgt.

Was genau heißt „Nennleistung“ von mehr als 290 Kilowatt?

Steve Pater: Die „Nennleistung“ von mehr als 290kW bezieht sich auf die installierte Bemessungsleistung der Anlagentechnik, unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch. Die Heiz- und/oder Kühlleistung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Raumhöhe, Anlagendimensionierung und dem energetischen Standard des Gebäudes. Bei einem Gebäude aus dem Jahr 1980 entsprechen 290 kW etwa 3.000 Quadratmetern Nutzfläche, bei einem Gebäude nach EnEV 2002 etwa 5.000 Quadratmeter. Dies betrifft hauptsächlich Schulen, Sportstätten, Institute, Veranstaltungsgebäude und größere Bürogebäude.

In §71a heißt es weiter, dass die NWG mit „digitaler Energieüberwachungstechnik“ ausgestattet werden müssen. Was genau ist damit gemeint?

Steve Pater: Die „digitale Energieüberwachungstechnik“ bezieht sich auf eine Systemlösung. Diese erfasst kontinuierlich alle Energieverbräuche eines Gebäudes, insbesondere den Wärme- und Elektroenergieverbrauch, und stellt die Werte entweder im lokalen Netzwerk oder online für energetische Betrachtungen bereit. Viele Gebäude ab Baujahr 1990 und mit entsprechender Größe verfügen bereits über eine Gebäudeleittechnik (GLT), die nun in den meisten Fällen um die geforderten Energiemonitoring-Funktionen erweitert werden kann.

Welche Mehrwerte bietet dabei der Einsatz einer Energiemanagementsoftware, wie ITC PowerCommerce® EnMS?

Steve Pater: Der Einsatz einer Softwarelösung wie ITC PowerCommerce® EnMS bietet eine Vielzahl von Mehrwerten. Die Anwendung unterstützt Organisationen in erster Linie bei der Automatisierung von Energiemanagementprozessen – insbesondere bei der Datenerfassung und -überwachung. Das minimiert den manuellen Bearbeitungsaufwand und entlastet personelle Ressourcen. Mit unserer Lösung lassen sich eben nicht nur relevante Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes abbilden, sondern die Anwendung bringt auch mehr als reine Monitoring-Funktionen mit. Die Software ist seit nunmehr rund 15 Jahren im Kontext von Energiemanagementsystemen nach ISO 50001 im Einsatz und hat sich bei vielen Anwendern als universelles Werkzeug für die systematische Verbesserung der Energieeffizienz etabliert. So lassen sich beispielsweise Organisationen mit mehreren Standorten und komplexen Zähler-, Berechtigungs- und Benutzerstrukturen im System verwalten. Unser Expertenteam verfügt zudem über eine umfangreiche Expertise im Bereich des Gebäudeenergiemanagements, die in intelligente Algorithmen und KI einfließt.

Und im Vergleich zu anderen Lösungen auf dem Markt: was ist das USP Ihrer Energiemanagementsoftware?

Steve Pater: Der größte Vorteil liegt ganz klar darin, dass ITC PowerCommerce® EnMS einen offenen Systemansatz verfolgt und wir alle vorhandenen Datenquellen, wie GLT- und CAFM-Systeme, integrieren können – sofern diese wiederum über geeignete Schnittstellen verfügen. Auch Wetter- und Klimadaten sowie fern ausgelesene Daten des Energielieferanten können eingebunden werden. Zudem ist unser Entwicklerteam in der Lage, rasch neue oder bereits vorhandene Lösungen anzubinden. Dank dieses offenen Ansatzes können einzelne Komponenten wie Datenerfassungssysteme je nach Bedarf ausgetauscht oder neu integriert werden. Rückblickend auf unsere Projekthistorie können wir sagen, dass kein Projekt dem anderen gleicht – insbesondere in puncto Datenerfassung. Eine gewisse Flexibilität bei der Integration von Drittsystemen war bisher essentiell und auch ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Welche Hürden bzw. Fallstricke gibt es bei der Umsetzung des Gebäudeenergiegesetzes?

Steve Pater: Fehlende Gebäudeleittechnik und Zähler gelten eindeutig als Hürden. Als Lösungsansatz empfehlen wir die Verwendung von einfach nachrüstbaren Datenloggern, die auf dem Plug-and-Play-Prinzip basieren. Das kompetente Partnernetzwerk der ITC AG kann dabei unterstützen. Als registrierter Energieserviceanbieter hat die ITC AG zudem die Möglichkeit, im Auftrag des Anschlussnutzers Messwerte beim jeweils zuständigen Messstellenbetreiber anzufordern, um diese dann in das Energiemonitoring einzubinden. Durch einen bundesweiten Datenaustausch ist der Zugriff auf die Hauptmessung ohne separate Untermessung möglich. Diese Option bietet sich immer dann, wenn ein intelligentes Messsystem im Gebäude installiert ist. Bis Ende 2032 sind solche Messsysteme in allen Gebäuden dieser Größe vorgeschrieben. Im Rahmen der regulären Turnuswechsel beginnen viele Messstellenbetreiber ja bereits jetzt, entsprechende Messsysteme zu verbauen.

Verpflichtend im Gebäudeenergiegesetz ist laut Gesetzestext auch, dass die erhobenen Daten über eine gängige und frei konfigurierbare Schnittstelle zugänglich gemacht werden, sodass Auswertungen firmen- und herstellerunabhängig erfolgen können. Wie setzt die ITC-Software diese Anforderung um?

Steve Pater: Unsere Software bietet die Möglichkeit, alle verarbeiteten Messwerte sowie auch die daraus abgeleiteten Kennwerte (z.B. CO2-Emission) in gängigen Office-Formaten herunterzuladen. Dabei lässt sich jeweils festlegen, welche Zeiträume, Intervalle und Kenngrößen zu exportieren sind. Die Formate sind verständlich aufbereitet, maschinenlesbar und können ohne großen Integrationsaufwand entweder manuell oder automatisiert verarbeitet werden. Auch eine automatische, zeitgesteuerte Datenübermittlung kann konfiguriert werden, um aktuelle Messwerte zyklisch an nachgelagerte Drittanwendungen zu übermitteln. Weiterhin bringt die Anwendung eine eigene Programmierschnittstelle (API) mit.

Gibt es konkrete Fallstudien oder Erfolgsgeschichten, welche die Leistungsfähigkeit von ITC PowerCommerce EnMS belegen?

Steve Pater: Ja, in der Tat. Allerdings bekommen wir nicht von allen Anwendern dazu Feedback. Denn das Tool ist so angelegt, dass sich Nutzer weitestgehend selbst verwalten, das heißt: Zähler sowie Benutzerkonten registrieren und Analysen durchführen. Zu einigen Anwendern haben wir über die Jahre jedoch ein sehr enges, partnerschaftliches Verhältnis aufgebaut und stehen regelmäßig im fachlichen Austausch. Dabei erhalten wir auch Einblicke in die Praxis und sehen wie die Software Unternehmen dabei hilft, Prozesse zu verschlanken und systematisch, Energie, Kosten und CO2-Emissionen einzusparen. Zu unseren langjährigen Kunden zählt unter anderem die Sto SE &Co. KGaA, ein international führender Hersteller von Produkten und Systemen zur Beschichtung von Gebäuden und Weltmarktführer für Wärmedämm-Verbundsysteme. Das Unternehmen hat ein zentrales Datenerfassungs- und Auswertesystem über alle Standorte aufgebaut. Mit Hilfe der Anwendung werden systematisch Hauptverbraucher ermittelt, Analysen angestellt, Optimierungspotentiale identifiziert und schlussendlich Maßnahmen überwacht. Sto baut das System seit Jahren konsequent aus. Unsere Software wird auch im kommunalen Bereich eingesetzt, zum Beispiel bei den Stadtwerken Lemgo, den Stadtwerken Böhmetal und der Stadt Brühl. Als „Europäische Energie- und Klimaschutzkommune“ verwendet Brühl die Software zur Zusammenstellung von Verbrauchsdaten der öffentlichen Gebäude. Diese Daten sollen später unter anderem auch für die Analyse der aktuellen kommunalen Wärmeplanung genutzt werden.

 Thema Informationssicherheit und Datenschutz: Wie ist dies bei Ihren Lösungen gewährleistet?

Steve Pater: Die Themen Informationssicherheit und Datenschutz sind durchgehend in der gesamten Prozesskette berücksichtigt – und zwar beginnend bei der Entwicklung, über die Implementierung, den Betrieb bis hin zur Wartung und Kundenbetreuung. Schon in der frühen Entwicklungsphase verfolgen wir einen „Security-by-Design-Ansatz“. Die Software wird im Rahmen der kontinuierlichen Produktpflege fortlaufend aktualisiert. Zudem werden unsere Cloud-Lösungen ausschließlich in deutschen, nach ISO 27001 zertifizierten, Hochsicherheitsrechenzentren betrieben. Begleitend gewährleisten wir durch entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen (TOM) hohe Sicherheitsstandards bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Einhaltung relevanter Rechtsanforderungen ist für uns als IT-Dienstleister essentiell und Grundvoraussetzung für unsere Kunden.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung von ITC PowerCommerce EnMS im Hinblick auf die sich stetig ändernden Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes ein?

Steve Pater: Absolut positiv. Durch kontinuierliche Anpassungen und Updates der Software durch die ITC AG wird gewährleistet, dass unsere Energiemanagementsoftware den aktuellen gesetzlichen Anforderungen entspricht und den Nutzern effektive Tools zur Energieoptimierung in Gebäuden bietet.

Vielen Dank für das Gespräch.

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